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Tagebuch 2008

Tagebuch 2008

20. Februar


vorgestern: anruf von AIM: hast du lust auf einen anderthalb stunden-dreh in kreuzberg für 50 piepen? - natürlich, für geld mach ich alles - -
gestern: begebe mich höchstselbst zur agentur in der rönnestraße und bekomme sofort die entsprechenden infos; meine stadtplan- und bahnnetzrecherchen ergeben als zielbahnhof die möckernbrücke; stelle abends den wecker auf 7 h - -
heute ist mittwoch; um 7.10 h wache ich auf - warum hat der wecker nicht geklingelt? - egal: schnell fertig machen und ab geht's - um 7.35 h am u-bhf. kurfürstendamm, um 7.50 h steige ich aus und um 7.55 h bin ich mit einem zweiten komparsen am tempelhofer ufer 23/24 in 10963; statt des angesagten "kiezfilm" finden wir eine klingel von "beate-uhse-tv"; wir klingeln, doch keine reaktion; als ich mir gerade einen werbespot für dildos, aufblasbare puppen und anderen sexartikel ausmale, öffnet sich die tür und wir werden abgeholt; wir landen in einer riesigen, kunterbunten wohnung in der pornoetage (zweiter stock); sofort mache ich mich an eine coole puppe ran [siehe foto], die aber vor schreck erstarrt - bereits nach einer halben stunde ohne kaffee ["die maschine ist kaputt"] beginnen in einem nebenraum die dreharbeiten; sechs traurige, männliche gestalten [einer mit unterarmtatoo: "ego sum qui sum"] sitzen demütig an einem konferenztisch; ein professor im weißen kittel erscheint und erklärt uns mit hilfe einer tafel, dass er die superpille entwickelt hat, die jeden langweiler für frauen attraktiv macht; wir sind die versuchskaninchen, an denen er die optimale tagesdosis testen will; "ganz schön anspruchsvoll für einen pornostreifen", denke ich und frage nach dem arbeitstitel für das dvd-video - wir drehen "
das sexperiment", erfahre ich; nachdem sich der prof mehrmals verhaspelt hat und ich bei der verabschiedung "die doppelte ration wäre mir lieber gewesen", sagen darf, sind die beiden szenen nach einer halben stunde im kasten - anschließend werden alle komparsen nacheinander fotografiert - ich muss dafür den personalausweis rechts und eine berliner zeitung links neben meinen kopf halten - dann ein paar unterschriften, mit denen ich unter anderem die folgende erklärung abgebe [siehe kasten] - für den abspann gebe ich als künstlernamen "leon p. haardt" [p wie porno] an - der buchhalter überreicht mir beiläufig einen fuffziger und ich kann um 9.30 h als erster - aber leider ohne meine lieblingspuppe - gehen: wieder ins bett oder frühstücken? - ich entscheide mich für ein leckeres frühstücksbuffet und leg mich dann wieder ins bett


18. März

wunscherfüllung: leon haardt zeigt den stinkefinger

hatte gestern einen handy-anruf von AIM - mitten auf dem ku'damm musste ich mir notizen machen, wobei ich eine der gerade eingekauften wodkaflaschen in meiner einkaufstüte so heftig auf den pflasterstein aufsetzte, dass sie zerbarst und auslief: gedreht wird ab 12:15 h in 10315 lichtenberg, alt-friedrichsfelde 70, erfahre ich - soll doppelte garderobe mitbringen - endlich mal eine angenehme uhrzeit: wecker- stellen überflüssig - was für ein glück, dass die s-bahn nicht bestreikt wird - vom zoologischen garten geht es mit der s5/7/75 über alexanderplatz und ostkreuz nach friedrichsfelde-ost - über seddiner straße/ hohenschönhauser weg/ marzahner chaussee gelange ich auf einem etwa ein kilometer langen fußweg zum ersten drehort vor einer sozialistischen bauruine - die zahlreichen filmwagen sind nicht zu übersehen - doch der zuständige stefan taucht erst eine halbe stunde später mit ein paar komparsen auf - auf einem lkw lese ich: "rosa roth - ende einer dienstfahrt" - iris berben hat leider drehfrei - die maskenbildnerin besorgt mir eine braune lederjacke: auf eine zweite garderobe hätte ich verzichten können - außer dem ausfüllen des mecon-formulars gibt es nichts zu tun, so dass wir bei eisigem wind stundenlang im freien herumstehen müssen, weil kein aufenthaltsraum zur verfügung steht - dazu minimal-verpflegung: brötchen mit marmelade - eine unverschämtheit! -

zwischendurch zwei passanten-szenen mit yana, einer deutschbrasilianerin (siehe foto), die ihr schauspielstudium aufgegeben hat, um mathe zu studieren, und ihrem begleiter, einem ätzenden dauerplappermaul - nach zwei passantenszenen bekomme ich eine mitfahrgelegenheit zum zweiten drehort am "shanghai palace" in der karl-marx-allee 35 - wir sitzen zeitweise in einem klappercontainer, dessen beide türen abwechselnd und in schöner regelmäßigkeit zugeknallt werden - doch das stört nur mich, nicht die etwa 15 anderen komparsen, unter denen sich etwa fünf nutten befinden, die für ihe nackten oberschenkel 100 euro bekommen - um 18 h findet eine "mittagspause" satt, in der wir uns für ein, zwei portionen nudeln am cateringwagen anstellen dürfen - "eine echte low-budget-produktion", geht mir durch den kopf - es gelingt mir, einen becher richtigen, aromatischen kaffee, der, wie die platten mit belegten brötchen und kuchen, eigentlich nur für die filmcrew vorgesehen ist, zu ergaunern - vor dem china-restaurant bin ich an einer weiteren passantenszene beteiligt - zum glück habe ich gegen die kälte meinen flachmann mit wodka dabei - nach acht stunden, um 20:25 h, ist drehschluss - auf mein girokonto werden 70 € überwiesen (die grundgage beträgt jetzt 55 euro) - mit der u-bahn und hoffentlich keinem kältetripper fahre ich von der schillingstraße aus nach hause

2. April
montag, 31. märz: anruf von AIM: "kannst du mit zehn fingern tippen? - wir brauchen dich als handdouble"; ich überlege, mit wievielen fingern ich normalerweise tippe: es sind maximal fünf; meine antwort: "mit etwas übung kriege ich das hin"; anschließend setzte ich mich an meine pc-tastatur und übe; es funktioniert sehr schlecht, insbesondere ring- und mittelfinger zeigen wenig interesse mitzumachen
dienstag, 1. april: nehme mir fest vor, anrufe heute nicht ernstzunehmen; nachmittags bei rossmann - versuche mit verschiedenen flüssigkeiten vergebens den ring am kleinen finger abzuziehen; da spielt mein handy den river-quai-marsch oder etwas ähnliches; "hallo rolf, du bist morgen komparse bei uns"; "leider gibt es ein problem", unterbreche ich ihn, "ich kriege einen ring nicht vom finger; habe alles versucht, auch schmierseife; nur eine amputation könnte noch helfen"; er rät mir davon ab; kurz darauf - immer noch bei rossmann - erneut anruf von AIM; sie bedauert mein malheur, bietet mir aber ersatzweise die rolle eines patienten im film "die fünfundzwanzigste stunde" an; ich bin begeistert; abends entdecke ich in der handy-mailbox eine nachricht vom komparsenbetreuer der produktionsfirma rtl-television; soll morgen einen pyjama, einen trainingsanzug, einen morgenmantel und ein paar hausschuhe mitbringen - aber nicht in den farben schwarz, weiß, rot oder gelb; "wo hernehmen über nacht und nicht stehlen?", frage ich mich; zugedröhnt mit rotem graffiti-fusel vergesse ich, den wecker zu stellen

mittwoch, 2. april: plötzlich schrecke ich mit dem gedanken auf: "verdammt, du hast verschlafen"; die funkuhr im badezimmer zeigt 9:25 h an; blitzartig ziehe ich mich an, packe einen trainingsanzug und ein paar badelatschen ein und bin mir sicher: völlig sinnlos ohne vollständige garderobe und verspätet am drehort zu erscheinen; ein blick durchs küchenfenster genügt: regenwetter; der motorroller bleibt stehen; ich marschiere zum bahnhof zoo; um 10.15 h - der mir vorgegebenen uhrzeit - steige ich am s-bahnhof wannsee in ein taxi, um mich für acht euro zur lungenklinik (zum heckeshorn 33) fahren zu lassen; werde vom <einkleider> freundlich in empfang genommen; die fehlende garderobe stellt sich als völlig unproblematisch heraus; er findet ein passendes sweatshirt und zwei krückstöcke für mich - das war's; dann heißt es "warte, warte nur ein weilchen"; nach dem mittagessen (rindfleisch, nudeln, salat) ab 14 h probe der ersten szene: acht komparsen latschen in einem flur der charité als pfleger, krankenschwestern und patienten hin und her, kreuz und quer, während ein unfreundlicher thomas sarbacher als chefarzt zwei angehörigen auskunft über einen tumorkranken gibt: "der tumor ist erblich"; die zweite szene spielt in der kantine, aber erst nach einer längeren pause; sitze mit einer patientin am tisch und erzähle ihr von meinem erfundenen unfall; als ein besucher auf der flucht uns anstarrt, glotzen wir zurück (meine visage voll in der kamera); nach zwei wiederholungen ist - nach acht stunden - alles vorbei: feierabend!; ich ziehe mich um und kassiere 55 euro in bar; eine kollegin nimmt mich mit ihrem schwarzen peugeot 206 cc bis zum s-bahnhof mit - es geht mir gut, es geht mir gut ...

9.-18. April
mittwoch, 9.4.: kaufe mir mal wieder die B.Z., die es anfang des jahres erreicht hat, dass die gangsterbande vodafone eine unverschämte forderung von fast 800 euro (eine dreiviertel stunde surfen ohne freigeschaltetes modem) zurückgenommen hat; auf der titelseite lese ich: "gratis-einkaufen mit B.Z. & 94,3-rs2"; ich erfahre (unter anderem auch auf der homepage des genannten radiosenders), dass man mit einem 50-euro-gutschein bei reichelt kostenlos einkaufen kann - wenn?; diesem "wenn" gehe ich auf den grund; zunächst kaufe ich mir abends um 8 h am kranzlereck die donnerstag-ausgabe der genannten tageszeitung; auf seite 12 finde ich die gesuchte info: "wir schenken ihnen einen supermarkt; auch heute können sie wieder nach herzenslust gratis einkaufen gehen"; ich mache mir einen schlachtplan: für 6 h den wecker stellen und einen bvg-fahrplan erstellen (für den motorroller ist es mir zu kalt und die 10-km-strecke zu weit; schreibe mir auf, welche produkte für mich in frage kommen

donnerstag, 10.4.: schlafe sehr schlecht und springe punkt sechs aus der matraze; ziehe mich an, schnappe meine sieben sachen (kleingeld, einkaufstasche, schlachtplan, digitalkamera, mp3-player, armbanduhr, handy) und eile zum u-bahnhof kurfürstendamm; besorge mir eine 8-euro-sammelkarte und steige in die U9 richtung rathaus steglitz; am budesplatz steige ich um in die S46 richtung königswusterhausen; viertel vor 7 h steige ich an der köllnischen heide aus und erreiche fünf minuten später das einkaufszentrum in der neuköllner grenzallee; der gedanke "das timing hat geklappt" verfliegt sofort wieder, als ich die endlosschlange sehe; der erste dämpfer; ich vernehme von anderen fühaufstehern, dass nur 100 glückliche ausgewählt werden, wage aber nicht zu zählen und tippe auf etwa 500 anwärter, fast alle ausländer, arbeitslose und rentner; eine depressive stimmung erfasst mich: habe ich das wirklich nötig? in aller herrgottsfrühe aufstehen?, vergebens auf losglück hoffen?, sinnlos fahrgeld ausgeben?; gegen .7.20 h bekomme ich mein los und ein bändchen mit derselben nummer [613] um das handgelenk; alle paar minuten werden fünf oder zehn glückslose aufgerufen; zahlreiche ordner sorgen dafür, dass die gesamte aktion ruhig, gesittet und reibungslos abläuft; zehn vor 8 h überlege ich ernsthaft zu gehen; eine - vielleicht die - letzte ansage warte ich noch ab; zweimal fünf nummern werden bekannt gegeben; bei der siebten losnummer geschieht das unfassbare: "sechs-eins-drei, ich wiederhole: 6-1-3" höre ich den rs2-ansager; ich kann es nicht glauben und bin der erste, der plötzlich laut jubelt; um 8 h darf ich durch den reichelt-eingang: geschafft; jetzt heißt es in verbindung mit kopfrechnen die richtigen waren auswählen; meinen einkaufszettel lasse ich links liegen und nehme mir stattdessen vor, mit dem einkaufswagen durch sämtliche gänge zu fahren und mich für produkte zu entscheiden, die mir sonst zu teuer sind; erstaunlich, wieviele artikel man für einen fuffi abgreifen kann: einen großen beutel herrlich blaue weintrauben, einen mächtigen block hartkäse, drei fertiggerichte für den mikrowellenherd, eine dauerwurst, eine warme grillhaxe, italienisches mandelgebäck, mit honig geröstete & gesalzene mandeln, eine flasche sherry medium und zwei flaschen edlen rotwein, marke chateaubriand - macht fünfzig euro und drei cent; tief zufrieden mache ich mich auf den rückweg, während eric clapton "lay down sally", "layla" und "cocaine" zum besten gibt; entschließe mich, bei hugendubel dessen autobiografie "mein leben" (kostenlos) zu ende zu lesen und bekomme einen kaffee umsonst, "da er für eine ganze tasse nicht mehr reicht"; wenn man bloß jeden tag so viel glück hätte ...

montag, 14.4.: das nachspiel; höre ab 6 h im halbschlaf über die knopfhörer rs2, weil ich wissen will, wie sich die teilnahmebedingungen für den gratis-einkauf geändert haben; erfahre während der "wachmachshow", dass man im laufe des tages beim sender anrufen soll und dass man nicht mehr selbst bei reichelt einkaufen muss (was sich im laufe des tages als blödsinn herausstellt); mir wird klar, dass damit die chancen weiter verringert werden; ich vergesse die ganze aktion; bis nachmittags um 4 h, als ich in einem uhlandstraßencafé einen cappuccino schlürfe; habe auf meinem techniplayer rs2 eingestellt und bekomme zufällig die ansage mit, dass man für einen einkaufsgutschein noch bis 5 h anrufen kann; gehe nach hause und rufe - ohne große hoffnung - mehrmals die 94392943 an - erwartungsgemäß besetztzeichen; beim siebten- oder 14tenmal plötzlich ein freizeichen bzw. freiton: unglaublich; und dann der wahnsinn: verena paschke höchstselbst am apparat; ein kurzes gespräch, in dem sie mir den kostenlosen supermarkt verspricht; ich bin baff, weiß aber nicht, ob mein anruf im radioprogramm gesendet wurde; egal: gegen 5 h ruft ein rs2-mitarbeiter an und erklärt mir die modalitäten; soll bis 18 h im "Schloss", in der steglitzer grunewaldstraße den gutschein abholen; die zeit ist knapp, so dass ich mich auf meine vespa schwinge und in der aufregung zunächst zur gleichnamigen straße nach schöneberg fahre; dennoch komme ich rechtzeitig ins medienzentrum im vierten stock, wo ich am empfang gegen vorlage meines personalausweises zwei 25-euro-einkaufsgutscheine in empfang nehmen darf; schnurstracks geht's zu reichelt in der schlossstraße; mit sherry, metaxa, pfefferschinken, hartkäse, café au lait, mikrowellengerichten und anderen kleinigkeiten fahre ich nach hause und fülle meinen kühlschrank und die regale
donnerstag, 17.4: heute will ich es wissen: schaffe ich es ein drittes mal, mir den rs2-Einkaufsgutschein abzuholen?; rufe von 8-9 h und von 11-12 h durchgängig, aber vergebens an;

dann ruft um 15 h verena die dritte supermarktstunde des tages aus; um 15.15 h ein freizeichen, doch die moderatorin nimmt nicht ab; um 15.25 h erneutes freizeichen und tatsächlich - ich habe sie am apparat; nach dem üblichen smalltalk habe ich ihr versprechen: "du bekommst einen gratis-einkauf von mir"; entzückend!; doch bis 17 h bekomme ich keinen rückruf; also schicke ich verena eine e-mail mit lobhudeleien [du hast eine geile stimme"]; nach fünf minuten eine antwort von ihr: sensationell!!!; ich bräuchte mir keine sorgen zu machen: gut möglich, dass die kollegen erst am nächsten tag anrufen; so lange brauche ich aber nicht zu warten; als ich gegen 18 h im europacenter umherschleiche, kommt der anruf: alles paletti!!
freitag, 18.4.: fahre morgens um 5 h in seniler bettflucht mit der vespa ins mo, wo ich ein paar bierchen trinke; verfahre mich bei nasskaltem wetter mehrmals, bis ich um 10 h bei rs2 lande, wo ich erneut den 50-euro-einkaufsgutschein abhole; dann zu reichelt am prager platz, um zwei tragetüten mit früchten, mozzarella, lachs, sherry und andere kleinigkeiten einzukaufen;
resümee: innerhalb einer woche habe ich für 150 euro einkaufsgutscheine gewonnen; deswegen glaube ich zwar immer noch nicht an gott, aber an wunder; in den kommenden monaten werde ich mich voll auf die imagination konzentrieren, dass mir der weltraum einen koffer geld zukommen lässt, nehme ich mir auf dem abendlichen weg zu hugendubel vor, um kostenlos das "asshole" von martin kihn zuende zu lesen

25.+26. September
Katja von der Agentur Filmgesichter fragt mich per e-mail, ob ich am 25./26. september zeit & lust hätte bei "Ich und du und die frau dazu" mitzuwirken. Der auftrag lautet, am donnerstag, um 7.30 h, in der Potsdamer Langhansstraße zu erscheinen. Am mittwoch-abend anruf der kostümabteilung wegen eines anzugs. Dieses ansinnen bügle ich mit dem argument ab, ich sei mit motorroller unterwegs. Doch wegen der schwierigen verkehrsverhältnisse in Potsdam entschließe ich mich mit der s-bahn zu fahren.
Um 6 h klingelt der wecker, um halb sieben kaufe ich mir am Bahnhof Zoo vier abc-einzelfahrscheine. Um 6.42 h fährt die s-bahn ab - direkt bis zum S-Bahnhof Potsdam, wo ich nach einer halben stunde aussteige. In einem gewirr von haltestellen & busnummern suche ich die 604 richtung Falkensee. Der dritte busfahrer, den ich befrage, hat den durchblick. Auf einer elektronischen anzeigetafel steht unter "abfahrt" eine "20". "Abfahrt 7.20 h", denke ich und kontrolliere auf meiner funkarmbanduhr die genaue uhrzeit: es ist 7.20 h. "Läuft ja wie geschmiert", ist mein nächster gedanke. Pustekuchen! Als die zahl ständig kleiner und wieder größer wird, geht mir einer licht auf: es handelt sich um die wartezeit! Als ich mir den fahrplan näher betrachte, stellt sich heraus: der 604-er fährt nur einmal pro stunde, außer zwischen 7 und 8 h morgens - da fährt er um 7.12 & 7.40 h. Doch um 7.40 h soll ich immer noch 12 minuten warten. Schließlich, um 8 h, lese ich: noch eine minute. Und da kommt er auch "schon". Wegen des betriebs beim fahrer verkneife ich mir die frage, wozu es in seiner hauptstadt fahrpläne gibt. Nach drei haltestellen fällt mir auf, dass der bus in die falsche richtung fährt. Der busfahrer behauptet jedoch das gegenteil. Da wird mir klar: ich sitze im falschen bus! Als ich in babelsberg aussteige, geht mir am frühen morgen schon das zweite licht auf: ich habe "604" mit "694" verwechselt. Da kommt auch schon ein bus auf der anderen straßenseite - nüscht wie rin! Doch ich fahre schon wieder mit dem falschen bus: es geht ab in die provinz. Da ruft Katja an und fragt, wie es mir geht. Sie überzeugt mich, doch noch zu kommen, obwohl ich inzwischen aufgeben und nach Berlin zurückfahren wollte. Ein taxifahrer bringt mich für 11 € ans ziel - mit 70-minütiger verspätung. Doch der anschiss bleibt aus. Nach der maske marschiere ich mit etwa 29 weiteren komparsen, alles partygäste, zu einem zelt, unserem aufenthaltsraum, wo der regieassi punkt 9 h eine ansprache hält. Ich bin absolut rechtzeitig erschienen, wie sich herausstellt. Wir drehen in einem eigenheim - vormittags auf der terrasse, nachmittags im vorgarten. Worum geht es? Rike (Mariele Millowitsch) schenkt ihrem ehemann erik (Harald Krassnitzer) während einer gartenparty zu dessen 50. geburtstag (der österreicher ist übrigens 1960 geboren) ein segelboot. Die situation eskaliert, als seine geliebte Dana (Natalia Wörner), die freundin seiner frau, ein liedchen trällert:

Ich bin so wild nach deinem erdbeermund, ich schrie mir schon die lungen wund nach deinem weißen leib, du weib. Im klee, da hat der mai ein bett gemacht, da blüht ein schöner zeitvertreib
mit deinem leib die lange nacht. Das will ich sein im tiefen tal: dein nachtgebet und auch dein sterngemahl. Im tiefen erdbeertal, im schwarzen haar, da schlief ich manches sommerjahr bei dir und schlief doch nie zuviel. Ich habe jetzt ein rotes tier im blut, das macht mir wieder frohen mut. Komm her, ich weiß ein schönes spiel im dunklen tal, im muschelgrund. Ich bin so wild nach deinem erdbeermund!
Das gedicht, durch eine Villon-rezitation von Klaus Kinski bekannt geworden, müsste eigentlich von einem mann vorgetragen werden, denke ich - inzwischen zum partygrillmeister befördert. Mir fällt auf, dass etliche anwesende deutlich älter sind als ich. Die wie eine um 50 aussehende regisseuse, Dagmar Hirtz, ist 67. Alle achtung! Doch viel mehr beschäftigen mich meine durch das stundenlange herumstehen verursachten fuß- und rückenschmerzen. In einer pause frage ich in der runde nach einer mitfahrgelegenheit - keine reaktion. Nach zehn stunden ist feierabend. Mir reicht's! Mit bus, straßen- und s-bahn gelange ich zurück zum Bahnhof Zoo.

Heute ist freitag. Acht uhr aufstehen, neun uhr abfahrt mit mener vespa. Der streckenplan: über die Heerstraße, die Potsdamer Chaussee und Kladow zur Nauener Vorstadt. Doch daraus wird nichts. Anstatt in Spandau links in die Wilhelmstraße abzubiegen, fahre ich 400 m davor in die Gatower Straße. Über den Kladower Damm und die Sakrower Landstraße gelange ich nach Sacrow. Von hier aus hätte ich die fähre nehmen müssen, die mich - über den Jungfernsee - direkt und genau zum ziel gebracht hätte!!! Doch davon hatte ich keine ahnung. So muss ich einen endlosen umweg durch den Königswald fahren, bis ich doch noch die Potsdamer Chaussee erreiche. Über den Wiesenrand, die Tschudi- und die Nedlitzer Straße erreiche ich die Nauener Vorstadt. Das hinweisschild "Cecilienhof" verhindert zum glück, dass ich zu weit nach süden, in richtung Potsdamer Zentrum, fahre. Als einer der ersten erscheine ich praktisch drei stunden zu früh. Denn erst um eins erfolgt die obligatorische ansprache des regieassis. Zweimal werde ich von kolleginnen angeraunzt. Die erste [uralt] fordert mich im zelt auf mich umzusetzen, ich säße im weg! Die zweite will mir während einer pause im garten den mund verbieten. Zm wiederholten mal meckert sie herum, weil einige komparsen vom büffet gegessen hatten. Das gehöre zum Set, und das könnte man sich bei "Iris Müller" oder "Wanted" nicht erlauben. Was sie nicht weiß: der Regieassi hat uns den verzehr ausdrücklich erlaubt. Ich widerspreche (ohne die genehmigung zu erwähnen) und weise darauf hin, dass am abend zuvor die gesamen lebensmittel vernichtet wurden. Da wird die alte schachtel sauer. Mir fällt auf, dass auch andere komparsinnen ständig glauben, die anderen kontrollieren und die scheinbare rolle ihrer agentur bzw. der regie übernehmen zu müssen. In mir kommen immer stärker aversionen gegenüber dieser komparsenansammlung hoch. Rechthaberei, intoleranz und angeberei sind an der tagesordnung. Der oberangeber protzt mit sieben jobangeboten pro tag. Eine viertelstunde später gibt’s nach dem von ihm verursachten drehabbruch den riesenanschiss von der regisseuse: Was machen sie denn da? Sie können doch nicht ständig in die kamera schauen!!! Peinlich, peinlich. Ich dagegen werde vom regieassi öffentlich und vor aller augen & ohren für meine grillrolle gelobt. Als wir uns voneinander verabschieden, fällt mir auf, dass die jüngeren komparsinnen (unter dreißig) alle freundlich zu mir sind (und waren). Ich bin versöhnt. Und in dieser verfassung gelingt es mir, fehlerfrei durch Potsdam zu fahren: über die Weinmeisterstraße, den Neuen Garten, die Behlert- und Hans-Thoma- erreiche ich die Berliner Straße. Fährt man richtung nordost, gelangt man zur Glienicker Brücke ud auf die Königstraße. Durch Wannsee und über die Wannseebrücke erreicht man einen scheideweg: fährt man links ab in den Kronprinzessinnenweg, gelangt man zur Havelchaussee (10 km lang tempo 30) und auf die Heerstraße. Die alternative: Potsdamer Chaussee - Potsdamer Straße - Clayallee - Hohenzollerndamm wäre die weitaus bessere lösung gewesen. Wie auch immer: die (65+60=) 125 € (überweisung von Mecon) habe ich mir redlich verdient.

 
   
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