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Tagebuch 2007

Tagebuch 2007

2.-3. Juni

agentur IRIS MÜLLER (AIM) hat vor ein paar tagen angerufen: soll mich samstag, 18 h, im leuchtturm in der schöneberger crellestraße melden; fahre in bluejeans und blauem T-shirt mit der BVG; werde ein paar häuser weiter, in einem angemieteten eckladen für komparsen, freundlich empfangen: " wir hatten extra gesagt, keine blauen klamotten!"; fahre wieder nach hause, um mich umzuziehen, verspüre zeitdruck und bin eine stunde später wieder an ort und stelle; nichts tut sich; soll einen vordruck von MECON, das die gagen für komparsen abrechnet, ausfüllen und verschreibe mich mehrmals; es gibt kostenlos kaffee für die zahlreich erschienenen komparsen, die sich die zeit mit lesen und smalltalk vertreiben; langweile mich; niemand weiß, wann welche szene geprobt bzw. gedreht wird; erster schock: soll mich auf etwa 12 stunden einstellen; bei der ersten szene mit passanten werde ich nicht benötigt, da ich keine frühlingsjacke trage, denn der film spielt im märz und soll MÄRZMELODIE heißen; es gibt belegte brötchen; genehmige mir zwei, muss mir aber später vom komparsenbetreuer anhören, die komparsen hätten dem produktionsteam die brötchen weggefuttert; versuche verzweifelt die zeit totzuschlagen - vergebens; nach einer kneipenszene gibt es gegen ein uhr nudeln mit fleischsoße
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zwei weitere szenen sollen noch folgen, doch immer wieder kommt es zu verzögerungen; so stellt ein türkischer yuppie mit freundin seinen pkw direkt vor dem leuchtturm ab, da das halteverbot nur bis samstag, 23 h, ausgewiesen ist; apropo leuchtturm: in dieser studentenkeipe habe ich im winter 1978/79 ein paar monate lang als sozialhilfeempfänger nachts hinter dem tresen bier gezapft; das ging auch immer bis morgens um fünf; während ich dieses mal von meinem stehplatz vor dem tresen die etwa neun meter entfernten proben im winzig kleinen nebenraum beobachte, wird mir ein halb gefülltes bierglas mit der maßgabe in die hand gedrückt: "... aber nicht trinken!"; eine probe nach der anderen - immer dieselbe szene; die schaupielerin stockt und kichert immer wieder an denselben stellen - hätten die keine bessere finden können?; das dauert ja ewig!; plötzlich trifft mich der schlag: dieses dünne persönchen ist keine geringere als ALEXANDRA NELDEL; von den haarwurzeln bis zu den schuhspitzen in einem leicht in richtung aubergine gehenden einheitsbraun; lange, leicht gewellte haare; mit dem bleichem gesicht einer - nach meiner schätzung - 23-jährigen (großes kompliment, wie sich später herausstellt); irgendwann ist die szene im kasten - pause; werde erneut benötigt; soll mich so an den tresen setzen, dass der kameramann zwischen mir und einem stehenden kollegen hin und her fahren kann; plötzlich kommt ALEX von hinten, grüßt freundlich und stellt sich zwischen uns - Körperkontakt - whow!!!; "jetzt ein foto", denke ich, doch daraus wird nix; x-mal wird geprobt, dann werde ich abgelöst: der regisseur möchte einen jüngeren; hass!!!; nach einem frühstück die letzte kneipenszene; es ist schon hell; wir sollen uns am tresen lautlos unterhalten, doch ich habe keinen gesprächspartner; der regieassi äußert mir gegenüber den verdacht, ich würde in die kamera gucken; was er nicht ahnt: ich schaue immer wieder knapp an der kamera vorbei - zu IHR; wiederholt haben wir blickkontakt; zwischendurch singen wir wieder und wieder im chor den refrain eines mir unbekannten suffsongs : "trink trink trink"; dann die erlösende regieanweisung: "das war die letzte szene im leuchtturm"; es ist halb acht, ab nach hause und in die falle - doch Alex geht mit nicht aus dem kopf

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12. und 21. Juni

AIM hat sich erneut bei mir gemeldet; ausführlich wurde mir am telefon der weg nach babelsberg erklärt; babelsberg? - da klingelt's bei mir sofort: filmstudios!!!; ich fahre - genau nach anweisung - mit schwarzen schnürschuhen und sorgfältig rasiert mit der S-bahn vom zoologischen garten bis griebnitzsee; als ich aussteige bin ich bereits außerhalb von berlin, in der brandenburgischen hauptstadt potsdam; ich kombiniere: da mein BVG-abo nur die zonen A [innenstadt] und B [berliner außenzone] umfasst, bin ich wohl zwischen wann- und griebnitzsee schwarz gefahren - shame on me!; von hier aus soll ich den bus nehmen, doch ein getränkeverkäufer empfieht mir, die 400 m zu fuß zurückzulegen; und tatsächlich, nach zirka zweieinhalb kilometern, an der uni potsdam vorbei, lese ich "studio babelsberg"; ich befinde mich in der "medienstadt" in der august-bebel-straße; mehrere weiße oktober-, äh junifestzelte stehen nebeneinander; auf einem unauffälligen schild steht SPEED RACER kostümanprobe"; na, so 'n zufall; melde mich und bekomme 'nen kompasenzettel, auf dem mein "character" steht: "factory mechanician"; cool, denke ich, fabrikarbeiter; erst später wird mir klar: falsch übersetzt; der filminhalt mit dem wunderauto "mach 5" in der hauptrolle lässt nur einen rückschluss zu: kfz-mechaniker; eine schneiderin bittet mich in die anprobe, um meine körpermaße zu ermitteln, doch die ami-oberschneiderzicke schmeißt mich wieder raus; eigentlich ist sie keine zicke, wie sich später herausstellt; denn von ihrem arroganten verhalten und ihrer kommandosprache her erinnert sie mich eher an meinen ehemaligen spieß ("hauptfeld"); als ihr meine maße eine paar nummern zu groß sind, funktioniert sie mich um in passer by, also einen passanten - hass!!!; ich soll also nicht wie ursprünglich geplant am 26. bzw. 25. juni zum dreh erscheinen, sondern am 20.; rückfahrt; bin immer noch sauer; am nächsten tag ruft mich agentur IM an, ich solle am 21. noch einmal zur kostümanprobe und bekäme eine neue aufgabe; prost, mahlzeit; fahre dieses mal mit vespa über die dörfer; melde mich und werde vom personal wiedererkannt; darf zunächst das mecon-formular ausfüllen und eine verzichtserklärung unterschreiben, nach der ich alle filmrechte an die filmgesellschaft abtrete; kein problem: schließlich gibt's für jede anprobe fünfzehn € bar auf die kralle; erneut wird mir der zettel mit der aufschrift "factory mechanician" in die hand gedrückt; stelle mich auf längere wartezeit ein und beobachte die vorgänge um mich herum; zwischen den zelten und den studios ist die straße mit bauband abgesperrt; gelegentlich öffnen sich die studiotore; mir wird klar: heute ist drehtag, doch bei mir herrscht langeweile; da trägt ein tierpfleger zwei schimpansen in rot-weiß gestreiften T-shirts an mir vorbei; kombiniere: affe plus ersatzaffe; mein wunsch, als kleindarsteller mal ein paar laute von mir geben zu dürfen, treibt mich zum hirngespinst: "verdammt, affe hätte ich auch spielen können!"
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es riecht nach drehpause; da kommen und gehen sie auch schon, die filmschaffenden; zwei korpulente männer in meiner kragenweite fallen mir auf: der eine mit knallgelbem sakko und krawatte - typisch amerikanisch!; "könnte der produzent sein", denke ich; der andere mit latzhose und vollem haar - nein, das ist ja 'ne perücke; plötzlich wird mir klar: ich habe den getarnten blues brother barney geröllheimer vor mir - leibhaftig; unglaublich!; john goodman spielt doch den vater des rennfahrers; kaum sind die beiden mit einem tross von handlangern um die ecke, taucht eine etwas ältere dame in einem gelben mantel auf; sie bleibt stehen und führt scheinbar ein ziemlich wichtiges telefongespräch; "kann nur die aufnahmeleiterin sein", denke ich; sie sieht mich ebenfalls an; distanz: zirka sechs meter zwölf ;da trifft mich der schlag: das ist SUSAN SARANDON, die hexe von eastwick, die nonne von dead man walking; sie setzt sich auf die ladefläche eines transporters und telefoniert mindestens 20 minuten lang in unveränderter pose, die beine übereinander geschlagen und in der linken hand - leicht angehoben - einen pappbecher mit kaffee; schrill, aber kurz, lacht sie zweimal zwischendurch, ansonsten spricht sie vornehm leise, sodass ich nichts verstehen kann; als ich überlege, wie ich meiner begeisterung ausdruck verleihen soll, werde ich aufgerufen; da ist sie wieder, die spießige ami-zicke; warum ich hier bin, blafft sie mich an; als alle klarheiten beseitigt sind, darf ich nach anderthalb stunden wartens unverrichteter dinge, aber mit 15 € in der tasche, wieder gehen; während mir auf meinem weg zum roller ständig das wort "dilet-tanten" durch den kopf geht, öffnet der himmel seine schleusen: ein gewitter, urplötzlich, fast aus heiterem himmel; es gießt in strömen; nach einer dreiviertel stunde versuche ich zwischen den regentropfen hindurch nach griebnitzsee zu fahren - vergebens; klatschnass stelle ich den roller ab und bin froh, dass es die S-bahn gibt

10.-13. Juli

10.7.: anruf von starboxx: hätte für RTL-comedy-serie interesse bekundet und könne am casting teilnehmen; sie, also meine gesprächspartnerin, müsse aber wissen wie alt ich sei [warum sieht sie nicht einfach in meiner kartei nach?]; "für deine altersgruppe ist dieses casting leider nicht vorgesehen", höre ich sie nölen; kann ich dich denn anrufen, wenn du gebraucht wirst?"; doofe frage: "selbstverfreilich" antworte ich; 12.7.: finde abends einen anruf von starboxx auf meinem handy - lässt man einmal sein >handy allein zu hause<; 13.7.: rufe starboxx an; nach hinweis auf gestrigen anruf kommt als reaktion: "ich weiß jetzt garnicht, worum es geht"; erneuter erklärungsversuch meinerseits führt zu allgemeiner ratlosigkeit beiderseits der leitung; überlege, ob ich sie verfluchen oder die flinte ins korn werfen soll; doch wo soll ich so schnell 'ne flinte und 'nen korn hernehmen und nicht stehlen?; 'n bourbon tut's schließlich auch; "ruf doch einfach bei BILLER & VASS TV an, die drehen heute", schlägt sie geistesblitzartig vor und gibt mir die telefonnumer von STEPHAN FALLER; ich erreiche ihn sofort - und er braucht mich; wann ich denn zeit hätte; es ist jetzt >high noon<; "in einer stunde" biete ich ihm an; "wunderbar; ich lege jetzt auf und schicke dir sofort 'ne SMS mit den details" kündigt er mir an; kaum rasiert, ist die nachricht auch schon da: "melde dich gegen 13 uhr bei IRIS an der ecke thomas-dehler~/drakestraße; keine schwarzen oder weißen kleidungsstücke; bringe mehrere oberteile mit"; ich dusche, wähle meine mintgrüne montur, passend zur mintgrünen vespa und brause los; obwohl ich mich mehrmals verfahre, bin ich fast pünktlich im tiergarten; am blauen kostüm- und maskenwagen finde ich IRIS; 25 minuten später geht's ab ins gebüsch
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kaum an drehort angekommen, fängt es an zu nieseln; die zirka 7 komparsen dürfen auf der feuchten wiese warten - alles opfer, einschließlich meiner wenigkeit; mehr erfahren wir nicht; wie immer lautet das motto: "nichts genaues weiß man nicht"; eine der beiden hauptdarstellerinnen ist ausgesprochen jung und hübsch oder umgekehrt; einmal trägt SIE einen aufgespießten schweinekopf durch die gegend; doch wir müssen abstand halten; plötzlich gegen halb drei isses so weit: der regieassi erklärt mir meine rolle; das allerwichtigste sei, dass ich auf gar keinen fall lache; nur mit dem nötigen ernst könne man komödien spielen; was mir bevorsteht, betrachte ich allerdings eher als slapstick: ich soll auf die brücke gehen, wo ich von IHR angesprochen werde; SIE fragt mich, ob ich einen tintenfisch hätte, SIE bräuchte dringend einen; verdutzt soll ich die frage verneinen [ei verbibsch] und der kleinen sachsen-anhaltinerin in die augen schauen; dann kommt eine passantin vorbei: "'tschuldigung, ich habe gehört, sie bräuchten einen tintenfisch; zufällig habe ich einen dabei"; sie zieht eine schlabberplasteundelaste aus der tasche und übergibt sie der zaubermaus, die sich bedankt und von dannen zieht; ungläubig schaue ich IHR hinterher und frage mich, warum diese klamaukserie "BÖSE MÄDCHEN" heißt; viermal wird geprobt, jedesmal mit einer korrektur vom regieassi: "du spielst zu theatralisch"; "lass deine gesten weg, du übertreibst" [nachdem ich meine taschen nach meerestieren durchsucht hatte]; "du redest zu viel [nach meiner frage, wo ich denn hier auf die schnelle ohne angel einen tintenfisch hernehmen solle]; beim fünften mal ist alles in trockenen tüchern; unterschreibe gagen-vordruck, verabschiede mich von IRIS und fahre um viertel nach drei zu ROMIOSINI in der pestalozzistraße, wo man während der crazy hour ein pils für 1,15 € bekommt; na, denn man proust!

8. August

gestern mittag anruf von AIM: morgen drehbeginn um 7:00 h in babelsberg; abends noch 'ne SMS: mehrere schuhe, hosen und gürtel mitbringen; stehe um 5:15 h auf; duschen, zähne putzen, rasieren, haare fönen, fingernägel reinigen, ankleiden, koffer packen; um 6:00 uhr stehe ich an bushaltestelle U-bahnhof kurfürstendamm; geschlagene 40 minuten bis westend; warum bin ich idiot nicht am bahnhof zoo in die S-bahn eingestiegen?; nach einer fahrscheinkontrolle kurz vor dem S-bahnhof wannsee steige ich um 7:00 h am S-bahnhof griebnitzsee aus; um 7:15 h melde ich mich im kostümanprobezelt; darf als erstes wieder mecon-formular ausfüllen und einverständnis geben, dass ich fotografiert werden kann; zum dritten mal innerhalb weniger wochen die gleiche sinnlose anprobe: „wir finden nichts passendes für dich“; dann taucht doch noch ein rotes t-shirt auf mit entsprechender mütze; kurz darauf geht’s zum set ins filmstudio: komplett in grün! soll mich auf ein überdimensionales Laufbahn stellen; dann fängt es an zu rotieren, bis es auf meine normale gehgeschwindigkeit eingestellt ist; werde abgelöst und fahre mit drei kolleginnen und einem kollegen per shuttle zu einer gemieteten halle in der ahornstraße: ehemaliges fabrikgelände – an der Fassade einer halle mit großen, teilweise abgeblätterten lettern die losung: „ kollege! immer denk daran: deine arbeit dem fünfjahresplan“; in einer halle eine ausgeleuchtete kabine mit drehscheibe: jeder muss sich einzelnen darauf stellen und wird achtmal um jeweils 45° im uhrzeigersinn gedreht und dabei fotografiert;
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kombiniere nick-knatterton-mäßig: aus unseren leibhaftigen körpern sollen am pc virtuelle, dreidimensionale figuren generiert werden, die sie im film SPEED RACER beliebig einsetzen können; mit dem van wieder zurück in die greenscreen-halle; ich zähle insgesamt 10 Komparsen – sechs davon weiblich; jede(r) muss mehrmals aufs grüne laufband; geprobt wird nicht: sobald die technik steht – und das dauert – wird sofort ernst gemacht; ich stehe einmal herum und lese zeitung, ein zweites Mal gehe ich mit aktenkoffer und zeitung unter dem arm zur arbeit; dazwischen stehe ich noch zweimal auf dem fließband, ohne dass gefilmt wird; für diesen technikschnickschnack hätte der regisseur genau so gut eine wachsfigur aus madame tussauds kabinett nehmen können; aber egal: um 9:30 h frühstück und um 13:30 h mittagspause; gönne mir eine doppelte portion schweinesteak mit salat; der latz auf meinem oberkörper sieht lächerlich aus, muss aber verhindern, dass das t-shirt flecken bekommt; um 14.30 h sofort einsatz: jedesmal wenn die kamera oder die beleuchtung eingestellt werden, muss ich ran; zum dank erhalte ich für diesen drehtag einen filmnamen: TALLEST PERSON; noch mehrmals muss ich auf das laufband; in der pause um 15.15 h plötzlich der oberhammer: in einem tross von geschniegelten und gebügelten geht der bundesfinanzminister einen meter achtundsiebzig entfernt an mir vorbei und ... grüßt mich!!!; mir fällt der unterkiefer herunter und die gurke aus der hand; meine einsätze am nachmittag häuften sich: fahrrad schieben, koffer tragen, einer frau eine versicherung aufschwatzen, einer anderen die tüten hinterher tragen ...; irgendwann habe ich aufgehört mitzuzählen; aber mein letzter auftritt für SPEED RACER – viertel vor acht – war mindestens die sechste greenscreenscene – und dann auf wiederseh'n; zu guter letzt die sensationelle speisefolge an diesem drehtag: 10.00 h frühstück mit kaffee. Tee und belegten brötchen; 11.30 h große obst- und gemüseplatte [in mundgerechten stücken]; 13.00 h gigantisches buffet mit allem, was das herz bzw. der magen begehrt; 14.30 h kaffee, tee, kuchen und kekse;16.00 h zweite große obst- und gemüseplatte; 17.30 h zweite große Platte mit belegten Broten; 19 h kartoffelsuppe mit bockwurst, wassermelone und einer weiteren, kleinen platte mit wurstbroten – unter anderem mit pfälzer leberwurst - aber hallo

19. September

gestern anruf von AIM: „hast Du morgen zeit?“ - „wo soll's denn hingehen?“ - „shuttle-transport zu einer autobahn-raststätte“ - „klar, bin dabei“ - „treffpunkt 6.15 h am S-bahnhof Charlottenburg“ - „oh, gott“ [dachte ich] - „du spielst einen trucker“ - „habe aber keinen lkw-führerschein“ [dachte ich] - um 5.30 h klingelt der wecker, heute ist mittwoch; trockene 15° C sind angekündigt; verwandle mich in einen fernfahrer und verlasse um 6 h das haus; busfahrt; um 6.25 h entdecke ich den weißen BerlinMobil-Bus für 16 personen; zwei fehlen noch; um 6.45 h abfahrt vom stutti; ein komparse ist nicht gekommen; wir sind 5 frauen und 7 männer plus fahrer und betreuer Sebastian Schirmer; 140 km fahrt; keinen kilometer schneller als 100 km/h; eine stunde lang fährt der fahrer stur hinter einem österreichischen reisebus her; um 8.30 h einfahrt in die sächsische autobahn-raststätte Köckern West, 32 kilometer vor Halle; um 9 h soll's losgehen, aber erst mal frühstücken; der eingang zum tankstellen-shop wird bei laufendem publikumsverkehr präpariert und ausgeleuchtet; wir werden von der regieassistentin aufgeklärt: die vollständige sperrung wäre zu teuer geworden; kombiniere: eine low-budget-production; der kinofilm wird vom Bayerischen Rundfunk und von Arte finanziell unterstützt und soll SCHATTENWELT heißen; ein entlassener RAF-mörder fährt mit seiner Freiburger wohnungsnachbarin nach Berlin; sie ist die tochter eines gärtners, den er bei der missglückten entführung eines bankpräsidenten umgebracht hat; auf der autobahn-raststätte kommt es zu einer auseinandersetzung zwischen beiden; sie zieht am eingang zur kasse eine schusswaffe; doch er entreißt ihr die pistole und zerrt sie an den haaren in ihr auto; für vier szenen ist ein ganzer tag eingeplant; das handgemenge soll nacheinander aus zwei entgegengesetzten perspektiven aufgenommen werden; einige komparsen sollen kunden spielen, die ihre benzinrechnung bezahlen wollen, aber am eingang zum shop mit der rangelei konfrontiert werden; ich soll zum filialleiter umfunktioniert werden, habe aber keine entsprechenden klamotten dabei und bleibe fernfahrer; nach dem frühstück kommt das mittagessen: eine billigvariante von boeuf stroganoff; stelle persönliche bestleistung auf: mein erster einsatz kommt nach geschlagenen fünfeinhalb stunden wartezeit; wir sollen nacheinander auf den blockierten eingang zugehen, stehen bleiben, uns erschrecken und zurückweichen; dreimal bin ich tatsächlich erschrocken: zuerst fällt eine komparsin mit gehhilfe rückwärts von der speisewagentreppe auf Sebastian, dann richtet Franziska Petri alias Valerie ihre waffe ab der fünften probe auch auf mich und schließlich, nach der etwa 13. wiederholung, reißt direkt vor mir Ulrich Noethen alias Ben Widmer seiner schauspielerkollegin ein büschel haare aus: sie heult – pause; es gibt belegte brötchen; immer wieder müssen kunden gebeten werden, den seiteneingang zu benutzen; diverse finstere jugendliche ausländer tanken und einer fährt mich fast über den haufen; im komparsen-speisewagen entdecken wir zwei platten mit obst und süßigkeiten; für die letzte szene sollen wir uns noch einmal bereithalten; die dämmerung bricht an; jetzt muss es schnell gehen - die regisseurin verzichtet deshalb auf uns; man umarmt sich, küsschen hier, küsschen da ... - der drehtag ist um 18.30 h zuende; es gibt kohle: für jeden komparsen 75 € [nicht berauschend]; rückfahrt – bedeutet aber erst einmal weiterfahren richtung leipzig - dann wenden; ich lese: Berlin 151 km; für eine halbe stunde schlafe ich ein; punkt 20.30 h kommen wir am Stuttgarter Platz an; im Graffiti trinke ich noch ein glas wein und lasse im gespräch mit Maik den erfolg- und ereignisreichen tag revue passieren

9. Oktober


dienstag-anruf von AIM - 13.30 h zum schillertheater, bismarckstraße 110 - zahlreiche jugendgruppen & komparsen erhalten kostenlosen eintritt zur RTL-produktion < das
supertalent >; um 13.50 h versucht ein animateur das publikum aufzuwärmen; sitze als < zuschauer > in der letzten reihe [reihe 16], umzingelt von jugendlichen proleten ausländischer herkunft; egal: für geld mach ich alles; ausstrahlung der sendung am 27. oktober [20.15 h]; von 14.05-17.10 h treten etwa 16 [möchtegern-]talente auf; unter anderen eine von der jury hochgejubelte 11- und eine 13-jährige sängerin [<dear mister president>], ein hessischer profi- und ein fernfahrer-jodler, eine schlangentänzerin und ein 8-jähriges schlangenmädchen, zwei fantasielose papagei-dompteure und ein fantasieloser 72-jähriger hundedompteur, eine tanzgruppe mit 40 kindern und eine mit 6- bis 9-jährigen glühwürmchen, ein 14-jähriger freestyle-tänzer und ein lederhosen-schuhplattler, ein langweiliger gitarrist aus dem erzgebirge und ein begabter 45-jähriger soulsänger us-amerikanischer herkunft; dieter bohlen mit den üblichen sprüchen - zum beispiel nach einer ball-auf-dem-finger-kreisel-nummer: "wenn du wenigstens mit ein paar brennenden hamstern jongliert hättest ..."; aus meiner sicht zwei herausragende darbietungen: das sensationell elastische schlangenmädchen, das am ehesten dem thema der sendung entsprach, wurde von der jury mit vorwürfen traktiert, die man allenfalls den eltern und trainern hätte an den kopf werfen dürfen ["du hast keine kindheit mehr"]; der sensationellen tanzgruppe mit 40 unglaublich begabten kindern wurde von der inkompetenten jury aus bohlen, ruth moschner und andré sarrasani vorgeworfen, die choreografie sei zu unübersichtlich und zu uneinheitlich; haben diese hirnis varieté-tänzerinnen im kopf, die alle zur gleichen zeit das gleiche bein heben?; gerade das kurzfristige, rhythmische entstehen und sich-wieder-auflösen einzelner tanzeinheiten wurde unglaublich gut realisiert und hatte seinen ganz besonderen, kurzweiligen und spannenden reiz; wenn man noch vor der ersten reihe sitzt, sollte man sich nicht wundern, dass man nicht die ganze bühne überblicken kann; wenn einer der juroren auch nur einen funken ernsthaftigkeit mitgebracht hätte, hätte er/sie bei dieser darbietung seinen/ihren arsch aus dem sessel gehoben und wäre im gang mal 20 m nach hinten marschiert; vielleicht hätte man der jury nicht so viel verpflegung auf den tisch legen sollen

19. Oktober

donnerstagabend-anruf von AIM – 7.30 h zur Hardenbergstraße 32; frage den pförtner – bei uns wird kein film gedreht – begebe mich auf die suche und finde in der jebenstraße einen bewachten eingang – türsteher: „ haben sie einen fotoapparat dabei?“ - „nein, nur ein handy“, antworte ich und denke dabei: „und eine digitalkamera“ - ich bin richtig und treffe einen alten bekannten: Albert, der in meiner vorletzten schule klassenfotos machen wollte, hilft bei der cateringfirma „Cinecat“ [www.cinecat.de] aus, die uns im laufe des tages mit belegten brötchen, schweinebraten mit knödeln, rohem lachs und bienenstich versorgt; Katja, die große [ca. 190 cm], empfängt mich und teilt uns drei AIM-komparsen mit, dass wir als lichtdoubles die schauspieler bei der vorbereitung der beleuchtung und kameraführung vertreten sollen, die den richter, den angeklagten und den berliner polizeipräsidenten spielen; ich bin für letzteren zuständig: der schauspieler ist Waldemar Kobus und der „police chief“ hieß im dritten reich Wolf Heinrich Graf von Helldorf; damit ist auch klar: es geht um die Stauffenberg-verfilmung „Valkyrie“; am vor- & nachmittag wird in der freigeräumten dritten etage des oberlandesgerichts Berlin-Brandenburg jeweils eine szene gedreht, die sich – nach meiner zeitnahme – zusammen auf zwei minuten verwertbares filmmaterial belaufen; die erste szene spielt am volksgerichtshof [foto]; an der wand hinter dem gericht sind drei schwarz-weiß-rote fahnen mit hakenkreuzen angebracht; vor der mittleren eine ungepflegte hitlerbüste; der angeklagte von Witzleben wird blutrichter Freisler vorgeführt; dieser schreit in in englisch an und lässt ihn nach einer schüchternen antwort ohne urteil abführen; im zuschauerraum überall graue, grüne und goldfarbene uniformen von soldaten, polizisten und nsdap-mitgliedern; dazwischen einige zivilisten mit anzug und krawatte [geheime staatspolizei]; weit und breit keine einzige frau vor der kamera; bei proben und aufnahmen telefoniert im flur unentwegt ein sanitäter vom rettungsdienst mit voller lautstärke; das gesamte wochenende wird detailliert besprochen, bis hin zur kräuterbutter, doch niemanden scheint es zu stören; als er sein handy einsteckt, ist die szene ebenfalls im kasten; in der mittagspause entdecke ich den namen der berliner produktionsfirma: Cinegate; die zweite szene spielt im amtszimmer des polizeipräsidenten; anderthalb stunden sitze ich regungslos in einem sessel und lese unter anderem: Alexanderplatz 32 [die adresse] sowie eine strafsache gegen frau Bühler, weil sie bei einer kontrolle um 2.15 h das fenster ihres schlafzimmers nicht ausreichend abgedunkelt hat; dann ist meine tätigkeit beendet und ich kann im flur auf den monitoren beobachten, wie immer und immer wieder dieselbe szene gedreht wird: zwei polizisten führen von Helldorf ab [wegen seiner verwicklung in die verschwörung des 20. juli 1944 wurde er im august 1944 zum tode verurteilt und in plötzensee hingerichtet]; das besonders originelle an der kameraführung besteht darin, dass im mittelteil der szene immer nur die mittelteile der handelnden personen fotografiert werden; köpfe und beine kann man sich denken; genau nach 10 stunden ist feierabend, damit keine überstunden bezahlt werden müssen; fülle die üblichen vordrucke aus, gebe meine jacke ab und frage mich auf dem heimweg, wer einen derart sterilen, halbdokumentarischen spielfilm mit vielen kleinen ungenauigkeiten und unzulänglichkeiten eigentlich benötigt; der komplett in englischer sprache produzierte film zeigt wohl vor allem, dass es den us-amerikanern an jeglichem gespür für den damaligen zeitgeist fehlt; ist zum glück nicht mein problem, aber die Hitler-tyrannei steht mir bis oberkante unterlippe

27. Oktober

gestern anruf von AIM; 6.10 h aufstehen; 6.25 h abmarsch mit rucksack, grauem Parka, dunkelgrauen Jeans sowie regenschirm [knirps], handy & digicam; 6.35 h abfahrt mit S9 vom bahnhof zoo in richtung flughafen schönefeld; 6 min bis hauptbahnhof; davor der washingtonplatz; um 7 h führt uns jessica über eine brücke zu den „festzelten“; feststellung der personalien; überall aberdutzende von komparsen; kostenlose parka-imprägnierung; übliches frühstück: kaffee & belegte brötchen – p-a-u-s-e mit warten auf die regenszene für den agentenfilm „The International"; habe mal wieder lektüre vergessen; plötzlich die frage: „wer hat drei tage zeit?“; melde mich & werde mit 10 kolleginnen & kollegen zum washingtonplatz zurückgeführt; kurze zeit später erste proben am friedrich-list-ufer: durch künstlich erzeugten regen spazieren – p-a-u-s-e; wir haben zwei neue betreuerinnen: verena & kalinka; nach weiteren proben auf der rahel-hirsch-straße zurück zu den zelten; halbe stunde mittagspause: eintopf runterschlingen; dann hurtig zum drehort - neue szene ohne mich: agent steigt aus schwarzer limousine, wirft eine droge ein, geht zur brücke & bricht zusammen; diverse wiederholungen; wärme mich in einem selbstbedienungscafé auf; dann doch noch einsatz: x-mal mit aufgespanntem regenschirm durch den regen latschen; schon den ganzen tag ist es kühl, windig & feucht – jetzt habe ich auch noch nasse schuhe, socken & hosenbeine; gegen 17.30 h feierabend; zum schluss der hammer: 40 min vor einem tisch schlangestehen um das mecon-formular abzugeben; das genaue zählen der komparsen war nicht möglich, aber es müssen etwa 200 gewesen sein; dazwischen chaotische ansagen: wer morgen nicht kommen will, soll gehen; wer morgen kommen will, soll sich im hinteren bereich des zeltes aufhalten bzw. eine neue schlange bilden bzw. sich hinter zwei hochgehaltenen regenschirmen stellen usw. usf.; erneut wird klar, dass man komparsen nach belieben schikanieren kann, solange sie keine interessenvertretung haben; hätte noch zwei drehtage anhängen können, habe aber von schlecht organisierten agentenfilm-komparsenbetreuungen die schnauze voll und mache mich aus dem staub


29. Oktober

um 4.15 h klingelt der wecker; habe alles vorbereitet, insbesondere den rucksack mit handy & digicam sowie stadtplanausschnittskopie & bvg-fahrstrecke; rasieren, zähne putzen, in graue klamotten steigen und ab geht’s; soll mich auf empfehlung der agentur filmgesichter in der klosterstraße 47 in mitte als passant für den kinofilm "Mord ist mein Geschäft, Liebling" melden; vom u-bahnhof zoologischer garten aus 13 stationen & 18 minuten; drehort auf der parochialstraße vor dem senatsgebäude für inneres & sport; bereits am frühen morgen verschiedene kamera-perspektiven für ein+dieselbe szene: schwarzer mercedes fährt vor – chauffeur öffnet tür – wolf roth steigt aus und eilt über den breiten bürgersteig ins gebäude; mein job: mit anlauf die straße überqueren und einen kleinen kiosk ansteuern; habe in den pausen die angenehme möglichkeit mich im wagen eines netten kollegen entspannen zu können; gegen 11 uhr ist – nach fünf stunden der vormittag gelaufen; nach billigem muckefuck-frühstück billige nudeln mit fleischsoße im aufenthaltsraum in der zweiten etage des standesamts; verfalle vor & nach dem essen in mehrere minutenschlafe; die anwesenden komparsen verhalten sich ziemlich ruhig; genervt hat bisher nur ein während der dreharbeiten kaugummiknallender idiot; um ½ 2 h geht’s weiter; mehrere szenen folgen aufeinander; zwischendurch meine lieblingsszene: eine frau rast auf den bürgersteig und rammt zwei zeitungsständer; wir gehen auf sie zu und schauen sie vorwurfsvoll an; später tauchen dann noch einige kuriose gestalten auf: zwei kraftstrotzende glatzen mit riesigen tatoos am kopf, zwei lack&leder-japanerinnen und ein narbengesicht; dann wieder ein absurdes schikanieren der komparsen: obwohl diese um ½ 5 h praktisch fertig sind, heißt es eine dreiviertelstunde warten; und wofür? um für eine „nur-ton“-szene drei minuten auf dem bürgersteig hin- und herzugehen; dann auch noch eine viertelstunde schlangestehen für den durchschlag des mittags abgegebenen mecon-formulars; mir reicht's für heute – ich kann keine mafia-tagebücher-verfilmer mehr sehen

 
   
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