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Tagebuch 2010

Tagebuch 2010

22. März: am Märchenbrunnen

In der ersten Märzwoche klingelt mein Händy. Ein Michael Beyer meldet sich und bietet mir eine Rolle bei Filmdreharbeiten an. Eine dreifache Premiere: zum erstenmal a) "entdeckt" mich ein Filmschaffender auf einer Homepage [SucheBiete.com], b) ruft mich ein Regisseur persönlich an, c) soll ich als Kleindarsteller für 110 Euro tätig werden. Ich sage zu, obwohl ich nicht damit rechne, dass ich auch tätsächlich genommen werde. Doch bei einem zweiten Anruf Mitte März werden Nägel mit Köpfen gemacht. Ich soll mich am Montag, dem 22. März, um 9.30 h am Märchenbrunnen an der Westecke des Volksparks Friedrichshain einfinden. Zum Dreh eines Trailers für die Casting-Show "Die verrücktesten Hochzeiten aller Zeiten" durch die Tiergartener Schwartzkopf-TV soll ich meine Brille, eine Grillzange und eine Schürze mitbringen. Mir wird ganz mulmig. Denn ich bin krank. Seit Jahresbeginn leide ich unter der Nervenkrankheit "metabolische Polyneuropathie". Ich habe Tag und Nacht Schmerzen, vor allem durch den dreiadrigen Ischiasnerv, der vom Iliosakral-Gelenk über das Hüftgelenk in den linken Oberschenkel hineinstrahlt. Die Stiche und das Brennen sind so stark, dass ich teilweise kaum noch Sitzen, Gehen oder Liegen kann. Seit Wochen ist an keinen Schlaf mehr zu denken.

Ich plane einen Klinikaufenthalt in einem Schmerzzentrum. Am Aschermittwoch habe ich mit einem unbefristeten Fasten (mit klarer Brühe, Vitaminkonzentrat, Fasten- & Abführtee sowie - unterwegs - Milchkaffee) begonnen. Ich hatte Ende 2009 ein Maximalgewicht von 134 kg und bin jetzt - Mitte März - bei 107 kg angekommen. Mein Zielgewicht sind keine [188-100=] 88 kg; nein, ich will so lange fasten, bis die Schmerzen ein derart erträgliches Maß angenommen haben, dass ich wieder regelmäßig mehrere Stunden am Stück schlafen kann. In letzter Konsequenz erscheint mir das Sich-Tothungern der einzige für mich ethisch vertretbare Weg mein Leben zu beenden. Und ich bin nicht allein. Über eine Milliarde Menschen hungern weltweit. Sicherheitshalber habe ich mein Testament gemacht, eine Patientenverfügung ausgefüllt und das Bestattungsunternehmen Schuster (in der Berliner Straße in Wilmersdorf) für 1830 Euro beauftragt meinen Leichnam einzuäschern.
Doch so weit ist es noch lange nicht. Zunächst besorge ich mir die Filmutensilien im Grill-Shop in der Hohenstaufenstraße und plane die Route zum Drehort. Dabei stellt sich heraus, dass ich mich vom Bahnhof Zoo mit dem 200er Bus ohne umzusteigen in einer halben Stunde direkt zum Volkspark fahren lassen kann.

Obwohl die Sonne scheint, ist es ziemlich kalt am frühen Morgen. Zum Glück habe ich mir gestern, am verkaufsoffenen Sonntag, Einlegesohlen mit Isolierunterschicht gekauft. Die dreiköpfige Filmcrew und fünf der sieben Komparsen sind bereits anwesend. Nach etwa einer Stunde beginnen für mich die Dreharbeiten. Ich spiele einen Imbissbudenbesitzer und Grillmeister, der bei einer Hochzeit ein Büffet vorbereiten soll. So darf ich in einer Imbissbude einen kleinen Text aufsagen: "Meine Spezialität? - Currywurst mit Pommes und Schnickschnack. Nein, ein Hochzeitsbüffet habe ich bisher noch nicht ausgerichtet. Aber das kriege ich hin." Die übrigen Szenen sind eher langweilig: Einzelposen oder zusammen mit dem australisch-österreichischen Brautpaar, einem pensionierten schwäbischen Bullen als Pfarrer, einer satanistischen Friseurin, einer türkischen Schneiderin und einem Vermummten herumstehen oder in Line gehen.
Dummerweise mussten wir zwischendurch auf eine Mauer klettern. Für mich in meinem Zustand eine fast unlösbare Aufgabe. Jedenfalls habe ich mir am rechten Schienbein eine fast 10 cm lange Schürfwunde zugezogen. Scheiß drauf!

Gegen 14 h gab's zum Ausgleich in einem türkischen Burgerladen einen Fischburger, durch dessen Verzehr ich meine Heilfastenkur für einen Tag unterbrochen habe. Anderthalb Stunden später waren meine Aufnahmen, insbesondere an einer Currywurstbude namens "Currywurst",  in trockenen Tüchern und ich am Nollendorfplatz. Geschafft, wenn auch mit Schmerzen. Bei einem Milchkaffee scheibe ich mein Tagebuch ...

 
   
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